GEMALTES REITERSTANDBILD


Das Gemälde hing von 1908 bis etwa 1951 an der Stirnseite der Aula des Hauptgebäudes der Universität, an der sich heute der Auszug deutscher Studenten in den Befreiungskrieg von 1813 von Ferdinand Hodler befindet. Nach jahrzehntelanger Aufbewahrung im Depot wurde das Bild von April bis September 2008 im Auftrag der Kustodie der FSU Jena durch den Erfurter Gemälderestaurator Detlef Kautz restauriert.

Johann Friedrich I. wird dem Betrachter in Ganzfigur als Reiter eines prächtigen Schimmels vor weiter Landschaftskulisse präsentiert. Mit befedertem Barett, pelzbesetztem Kurzmantel, kurzem Beinkleid und Kuhmaulschuhen bekleidet, wendet er sich, die Rechte aufgestützt, in huldvoller und dennoch entspannter Pose deutlich seinem Gegenüber zu, während er mit der linken behandschuhten Hand die Zügel seines Pferdes hält. Dieses ist im klaren Profil und einem Bewegungsmotiv mit ausgreifendem linkem Vorderbein dargestellt, wodurch dem Betrachter der Blick auf die sich im Hintergrund erstreckende Landschaft freigegeben wird. Dort ist die Jenaer Stadtanlage mit dem Turm von St. Michael, der charakteristischen Giebelform des Rathauses und der überragenden Gestalt des Fuchsturms erkennbar.
Damit ist gleichzeitig der Standort, den der Maler für sein Reiterbildnis gewählt hat, erkennbar: Johann Friedrich reitet über den Schauplatz der Schlacht bei Jena von 1806, einen der bedeutendsten Gedächtnisorte der jüngeren deutschen Geschichte, an die mit dieser anachronistischen Darstellung erinnert werden soll.

In der Tradition des klassischen Herrscherbildnisses dominiert die zentrale Gruppe aus Ross und Reiter die im Vergleich nur miniaturhaft gezeigte Landschaft, die vom Betrachter aber dennoch als Heimat unter aufgehender Sonne wieder erkannt wird. Ebenso rekurrieren Kleidung und Physiognomie der Figur klar auf historische Darstellungen des sächsischen Herrschers und sichern so das Wiedererkennen.

Als 'gemaltes Reiterstandbild' setzt die großformatige Darstellung Johann Friedrich gleichsam ein Denkmal als Landesvater und Licht- und Lehrbringer in seiner Rolle als Gründer der Hohen Schule, für das - und damit auch für seinen Maler - ein Ehrenplatz an zentraler Stelle in der Aula des Universitätsneubaus reserviert war. Prinz Ernst, Sohn Georgs II. von Sachsen-Meiningen, gilt als Malerdilettant, der bei Wilhelm von Kaulbach in München gelernt hatte und mit dem Reiterbildnis in Jena wohl sein bekanntestes Werk geschaffen hat.
Wie ältere Fotografien zeigen, wurde das Gemälde dort zusammen mit dem Leitspruch Johann Friedrichs VERBUM DOMINI MANET IN AETERNUM (Das Wort Gottes gilt in Ewigkeit) und den an der Westwand gehängten Bildnissen der Regenten der vier Erhalterstaaten präsentiert.

Johann Friedrich erhält in seiner Bedeutung als Beschützer des Glaubens und der Wissenschaften buchstäblich eine Vorreiterrolle für die 'anwesenden' Herrscher, die sich damit auch in die Tradition des Großmütigen stellen.

Prinz Ernst von Sachsen-Meiningen-Johann Friedrich der Großmütige zu Pferde
1908 Signiert und datiert am unteren linken Bildrand: E[rnst] S[achsen] M[einingen] CMVIII [1908]
Öl auf Leinwand, 355 x 350 cm
InVNr. Kustodie 2009/1, FSU Jena
Heutige Präsentation: Hörsaal im Universitätsforum, ehemaliges Oberlandesgericht, August-Bebel-Straße 4.

Babett Forster